Latein als Medium des Wiederstandes?
Hermann Weller und die politischen Ideologien des 20. Jahrhunderts
Als „Horaz des 20. Jahrhunderts“ erlangte Hermann Weller (1878–1956), ein gebürtiger Gmünder, mehr als 20 Jahre Gymnasiallehrer in Ellwangen und später Professor für Indologie in Tübingen, ab den 1920er-Jahren einen internationalen Ruf und avancierte zu einem der bedeutendsten neulateinischen Dichter der Moderne. Als solcher gewann er mehrmals das prestigeträchtige Certamen Poeticum Hoefftianum, einen in Amsterdam ausgetragenen lateinischen Kompositionswettbewerb, so etwa mit seiner gefeierten Elegie Y (1938), die heutzutage als eine verschlüsselte Anklage gegen den nationalsozialistischen Antisemitismus gelesen wird. Blickt man allerdings auf Wellers gesamtes literarisches Œuvre, so fällt es schwer, ihn als Widerstandskämpfer gegen die totalitären Regime seiner Zeit zu stilisieren. In diesem Vortrag soll gezeigt werden, inwiefern Wellers Denken und Schaffen von Ambivalenz geprägt war und auf welche Weise er diverse gesellschaftspolitische Positionen austarierte. Im Fokus der Untersuchungen sollen dabei einerseits seine Dichtungen stehen, andererseits soll seine Rolle als erster Vorsitzender der Societas Latina beleuchtet werden, d.h. einer internationalen Vereinigung, die es sich zum Ziel setzte, Latein als Weltsprache wiederzubeleben, nicht ohne dabei politische Kompromisse einzugehen.
Frau Dr. Katharina-Maria Schön promovierte an der Universität Wien über Thomas Morus und arbeitet derzeit an einem Projekt der Universität Groningen über die Ideologisierung der lateinischen Sprache durch den Nationalsozialismus.
Eine Kooperation mit dem Geschichtsverein.
Münsterplatz 15
73525 Schwäbisch Gmünd
Münsterplatz 15
73525 Schwäbisch Gmünd